Die Studierendengruppe TUM Boring hat den von Elon Musk ausgeschriebenen Wettbewerb zur Entwicklung der schnellsten Tunnelbohrmaschine der Welt gewonnen. Überzeugt von der Bedeutung für einen nachhaltigeren Verkehr, hat Eaton das Projekt mit Produkten und Know-how unterstützt.
Schneller als eine Schnecke
Inzwischen hat The Boring Company bereits mehrere Tunnel gegraben – doch zufrieden ist Musk mit der heutigen Tunnelbau-Technologie nicht. Sie ist ihm zu langsam und zu teuer. Seine Vision: Der Bau einer Tunnelbohrmaschine, die „schneller als eine Schnecke“ ist. Das hört sich erstmal nicht zu ehrgeizig an, doch tatsächlich sind Schnecken mehr als zehnmal schneller als heutige Tunnelbohrmaschinen. Um das zu ändern, hat The Boring Company im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs dazu aufgerufen, eine neuartige, schnellere Tunnelbohrmaschine zu entwickeln. Das Ziel dieser „Not-a-Boring Competition“: Einen 30 Meter langen Tunnel mit einem Durchmesser von einem halben Meter so schnell und präzise wie möglich zu bohren. 400 Bewerbergruppen nahmen die Herausforderung an, zwölf davon treten nun im Finale gegeneinander an.
Tunnelbohrmaschine aus München
Darunter auch eine Gruppe der Technischen Universität München – das Team „TUM Boring – Innovation in Tunneling e. V.“ „Da Studierende der TUM alle vier SpaceX Hyperloop Pod Wettbewerbe gewonnen haben, hoffen wir, den Erfolg fortzusetzen“, so Johannes Drexler, Teamleiter Control Systems bei TUM Boring. Dabei reizen ihn nicht nur der internationale Wettbewerb und die technische Herausforderung, er sieht das Projekt auch in einem größeren Rahmen: „Die Tunnelbohrtechnik könnte die Mobilität der Zukunft nachhaltig verändern und es ermöglichen, dass wir weniger Zeit im Verkehr verschwenden. Der Wettbewerb weckt dafür Interesse.“
Potenzial für mehr Nachhaltigkeit
„Ohne Unterstützung durch die Industrie wäre so ein Projekt für uns nicht zu stemmen gewesen“, betont Johannes Drexler. Ein wichtiger Partner ist dabei Eaton: „Uns ist schnell klar geworden, welches Potenzial für die globalen Nachhaltigkeitsziele in einer Technologie steckt, mit der man schneller und einfacher Tunnel bohren kann“, begründet Stefan Rohrmoser, Geschäftsführer Vertrieb von Eaton Deutschland, das Engagement. Zumal er selbst aktuell erlebt, wie aufwändig Tunnelbau heute ist: „Meine Eltern wohnen an der Baustelle des Koralm Tunnel“, erklärt Rohrmoser, der selbst an der TU München studiert hat. „Der Bau wurde im Jahr 2008 begonnen – und wird erst 2026 eröffnet. Wenn das schneller und nachhaltiger realisiert werden könnte, wäre das wirklich gut und wichtig.“
Produkte und Know-how für das Automatisierungssystem
Eaton stellte dem TUM Boring Team alle erforderlichen Komponenten für das Automatisierungssystem der Wettkampf-Maschine zur Verfügung. Drexler: „Ohne Automatisierungstechnik funktioniert heutzutage gar nichts – auch unsere Tunnelbohrmaschine nicht.“ So liefern Sensoren Daten über die Menge des abgetragenen Materials oder zur Drehgeschwindigkeit des Bohrkopfs. „Wir erhalten zudem Informationen über die Kraft, die das Vorschubsystem aufbringt. Aus diesen Daten können wir die richtige Vorschubgeschwindigkeit und den richtigen Vorschubdruck in Abhängigkeit von der Geologie berechnen und einstellen“, so Drexler weiter. Zudem sorgt die Automatisierungstechnik für den sicheren Betrieb – ein wichtiger Punkt, ist die Tunnelbohrmaschine von TUM-Boring in Gewicht und Größe doch eine ernstzunehmende Maschine. „Sämtliche Systeme werden kontinuierlich überwacht“, erläutert Johannes Drexler. „Sollten kritische Zustände eintreten oder Personen den gefährlichen Bereich betreten, wird das System abgeschaltet.“
Vom digitalen Hauptschalter zur SPS
Bei der Realisierung des Automatisierungssystems für ihre Maschine konnten die Studierenden der TU München auf die komplette Produktpalette von Eaton zurückgreifen: Vom Hauptschalter über einzelne Sicherungen und Absicherungen für die Steuerstromkreise bis hin zu Motorschutzschaltern, Schützen, speicherprogrammierbaren Steuerungen und Panel-PCs. So bildet die Modularsteuerung XC300 das Herz der Maschine und übernimmt sämtliche Automatisierungs-, Steuerungs- und Kontrollfunktionen. Alle Funktionen werden über einen XP500-Panel-PC visualisiert und bedient. Ein wichtiges Element ist auch der Leistungsschalter NZM, wie Michael Maeck, der das TUM Team auf Seiten des technischen Vertriebs von Eaton begleitet, erläutert: „Der Leistungsschalter stellt mit seiner integrierten Energiemessung sicher, dass die Tunnelbohrmaschine die von The Boring Company vorgegebene Grenze der Leistungsaufnahme nicht überschreitet. Sollte das Limit doch einmal erreicht werden, regelt das System automatisch die Vortriebsleistung herunter.“
Auch der PowerXL Frequenzumrichter DB1 Cold Plate von Eaton bietet besondere Vorteile für die Tunnelbohrmaschine: Da die Verlustwärme über eine Metallplatte direkt an das Metallgehäuse abgeführt wird, sind keine Kühlkörper oder Lüftungen nötig. „Das ermöglicht eine geringe Baugröße, so dass wir den Frequenzumrichter auch außerhalb des Schaltschranks flexibel platzieren konnten. So vermeiden wir eine lange Motorleitung“, erklärt Johannes Drexler und ergänzt: „Dadurch, dass wir nahezu alle Automatisierungskomponenten von Eaton aus einer Hand erhielten, haben wir nur wenig Schnittstellen im System. Das erleichtert auch den Aufbau des Schaltschranks, der bei uns möglichst einfach gehalten ist und sich so schnell montieren lässt.“
Eaton stellte aber nicht nur die erforderlichen Automatisierungskomponenten zur Verfügung, sondern unterstützte das TUM Boring Team auch bei der Auswahl der passenden Produkte, wies die Studierenden in deren Funktion ein und half bei der Programmierung und Visualisierung der Maschine. „Dass wir eine so ausführliche Beratung und Schulung von einem Industriepartner erhalten, ist schon außergewöhnlich. Insgesamt ist da sicher eine dreistellige Zahl an Beratungsstunden zusammengekommen“, so Drexler.
Einzug ins Finale
Doch der Aufwand hat sich gelohnt – das vom TUM Boring Team eingereichte technische Konzept hat The Boring Company überzeugt. „Wir sind eines von nur zwölf Teams, das in das Wettbewerbsfinale eingezogen ist“, so Drexler. Noch im Sommer 2021 reiste das TUM Boring Team nach Kalifornien und stellte die Leistungsfähigkeit seiner Maschine unter Beweis beweis. Egal wie der Wettbewerb ausgeht, „er wird den Tunnelbau beeinflussen“, war sich Johannes Drexler sicher. „Alleine dadurch, dass viele Teams mit unterschiedlichen Hintergründen an dem Thema arbeiten, werden neue Ideen und innovative Ansätze entstehen“ - und damit ein weiterer Schritt hin zu Musks Vision einer Mobilität der Zukunft gemacht werden.
Eine erfolgreiche Kombination
Die Studentengruppe TUM Boring hat mit ihrer Tunnelbohrmaschine die weitesten und schnellsten Tunnel in Las Vegas gebohrt und damit den Gesamtwettbewerb der Tunnelbohrfirma von Elon Musk gewonnen. Von den 400 teilnehmenden Gruppen schafften es zwölf in die Endrunde, von denen acht Anfang September mit ihren Maschinen nach Las Vegas reisten, aber nur zwei schafften es, am Tag des Wettbewerbs zum Tunnelbau zugelassen zu werden. Die Aufgabe bestand darin, einen 30 m langen Tunnel mit einem Durchmesser von 0,5 m so schnell und genau wie möglich zu bohren. Sieger des Gesamtwettbewerbs wurde das Team der Technischen Universität München: das Team TUM Boring - Innovation in Tunneling e.V. Es gelang ihnen, den längsten Tunnelabschnitt mit 22 m zu bohren, und sie lagen mit einer Abweichung von 1,5 cm innerhalb der Zielvorgaben für die Streckengenauigkeit.
Während des Wettbewerbs zeigte das Team aus München, dass viele Faktoren zusammenkommen müssen, um ein solches Projekt zum Erfolg zu führen. Dazu gehören Motivation, Kompetenz, Durchsetzungsvermögen, Flexibilität, Kreativität, Planung, Improvisation und die richtigen Partner.